6. Dezember_Nathalie Rans

Würden Sie sich bitte kurz persönlich vorstellen?

 

Mein Name ist Nathalie Rans, ich wurde 1975 in Bonn geboren. Nach dem Medizinstudium an der Universität Bonn und am Centre Hospitalier Universitaire in Caen, Frankreich, absolvierte ich zunächst die Ausbildung zur Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde, dann die Spezialisierung zur Neonatologie (diese beinhaltet die Behandlung von Kindern im Früh- und Neugeborenenalter). Ich arbeite heute auf der interdisziplinären Intensivstation der Asklepios Kinderklinik Sankt Augustin.

 

Seit 2010 engagiere ich mich als Einsatzärztin für die German Doctors und reise regelmäßig nach Kalkutta, Indien, um im dortigen humanitären Projekt mitzuarbeiten. Dieses Jahr habe ich in Kalkutta meinen insgesamt neunten Einsatz geleistet und plane, auch nächstes Jahr wieder dorthin zu reisen, um das Projekt unterstützen zu können.

 

Ich gehöre seit 2018 als Vereinsmitglied dem German Doctors e.V. an und wurde 2020 in das Präsidium der Organisation gewählt.  

 

Was ist dabei für Sie persönlich spannend?

 

Bereits seit meinem Medizinstudium habe ich mir gewünscht, ins Ausland zu gehen und in einem humanitären Einsatz mitzuarbeiten. Die Hilfsorganisation German Doctors e.V. ermöglicht Einsätze von sechs Wochen Dauer, so dass ich neben meiner beruflichen Tätigkeit in der Kinderklinik Sankt Augustin in meinem Urlaub nach Kalkutta reisen und dort in den Slum-Ambulanzen arbeiten kann. An unterschiedlichen Standorten in verschiedenen Slums und benachbarten ländlichen Gebieten behandele ich Patienten, die ohne die Unterstützung der German Doctors kaum Zugang zu medizinischer Behandlung hätten. Viele Menschen warten morgens stundenlang auf das Eintreffen der German Doctors, mit meinen indischen und deutschen Kollegen sehe ich Patienten mit Bluthochdruck, Zuckererkrankungen, Durchfällen, Infekions- und Tropenkrankheiten, Atemwegserkrankungen und immer wieder auch armutsassoziierte Krankheiten, wie Tuberkulose. Viele Kinder sind untergewichtig und mangelernährt und benötigen unsere besondere Hilfe.

 

Die Arbeit in Kalkutta unterscheidet sich wesentlich von meiner Arbeit in Deutschland, aber genau das macht sie spannend und erfüllt mich sehr. Einige Erkrankungen musste ich erst kennenlernen, da ich sie zuvor nie gesehen hatte, wie zum Beispiel Lepra, Tuberkulose oder verschiedene Tropenerkrankungen.

 

Aber meine größte Motivation, immer wieder nach Kalkutta zurückzukehren, sind die Zuneigung und der unendliche Dank der Menschen, die ich zurückbekomme. Für mich ist der jährliche Einsatz und die Projektarbeit eine Herzensangelegenheit und ich freue mich auf sechs weitere kostbare Wochen in Kalkutta nächstes Jahr.    

 

Was möchten Sie gerne anderen Frauen mitgeben?

 

Im Rahmen meiner humanitären Einsätze konnte ich in Indien Einblicke in die dortige Gesellschaftsstruktur und natürlich auch die Stellung der Frau bekommen. Während die Gleichstellung für viele Frauen in Deutschland mittlerweile selbstverständlich ist, sind die Frauenrechte in Indien und vielen anderen Ländern der Welt sehr unterentwickelt. Daher treten die German Doctors in zahlreichen Projekten für die Frauengesundheit ein und helfen Mädchen und Frauen in den Projektregionen, oft angebunden an lokale Partnerorganisationen. Somit wird die Frauengesundheit vor Ort nachhaltig beeinflusst.

 

Eine adäquate medizinische Versorgung ist besonders wichtig für unsere schwangeren Patientinnen, die ich regelmäßig in den Ambulanzen gesehen und betreut habe. Eine Schwangerschaft bedeutet für die Frauen in unseren Projektregionen immer eine große Gefahr für die eigene und die Gesundheit ihres ungeborenen Kindes. Zusätzlich finden in all unseren Projekten Schulungen besonders armer Mütter in gesundheitsrelevanten Themen sowie einkommensschaffende Maßnahmen statt. Diese Hilfe und Unterstützung ist unendlich wichtig und trägt langfristig dazu bei, Mädchen und Frauen zu stärken und zu mehr Würde, Rechten und mehr Mitsprache zu verhelfen.

 

Ich möchte allen Frauen mitgeben, dass es sich lohnt, den Mut zu haben, sich zu engagieren- sei es in Deutschland, in humanitären Einsätzen  und weltweit – damit alle Mädchen und Frauen Chancen auf Gleichstellung, Gleichberechtigung, Bildung, Gesundheit und ein selbstbestimmtes Leben erfahren können